Das Kind in der Krippe und die Kinder Palästinas

Dokumentation Gastbeitrag

Papst-Skandalisierung und Weihnachtsbotschaft

Anfang Dezember wurde dem Papst von einer palästinensischen Delegation eine aus Olivenholz geschnitzte Krippenszene übergeben, die Künstler aus Bethlehem zusammen mit einer Behinderteneinrichtung angefertigt hatten. Die Idee dazu stammte von Mitri Raheb, dem lutherischen Theologen und Rektor der Kalima-Universität in Bethlehem. Das Jesuskind war auf eine Kufiya gebettet, so dass das schwarzweiße Tuch schon von weitem die palästinensische Herkunft verriet. Der Papst verweilte betend vor der Krippe in der vatikanischen Audienzhalle – ein Fotomotiv.

Die Skandalisierung erfolgte umgehend. „War Jesus Palästinenser? Der Papst sorgt wieder für Kopfschütteln“ titelte der Merkur und die Frankfurter Rundschau „Aufruhr um Jesuskind bei Papst-Gebet“. Das ZDF-Auslandsjournal brachte eine Reportage, in der Rabbiner Dov Maimon ausgiebig zu Wort kommt (https://www.zdf.de/politik/auslandsjournal/vatikan-palaestina-krippe-102.html) Er wird vom Kommentator als Vertreter der Jerusalemer Universität vorgestellt (ebd.1’50), tatsächlich ist er aber Mitglied des radikalzionistischen Think-Tanks Jewish People Policy Institute in Jerusalem, gehört zu den Beratern der Netanyahu Regierung und organisiert die Emigration französischer Juden nach Israel. Maimon bezeichnet die Krippe im Vatikan als „moralisch inakzeptabel“ und „historisch falsch“ und darf, vom deutschen Fernsehen mit dem Nimbus der Wissenschaftlichkeit versehen, den hanebüchenen Unsinn verbreiten: „Jesus war der erste Zionist. Er wollte einen eigenen Staat für die Juden, um ihr Land wieder zu haben.“ (ebd. 4’30)

Da auch ein paar katholische Theologen aus der Trivialität, dass Jesus Jude war, merkwürdige Schlüsse ziehen, machen wir mit freundlicher Genehmigung des katholischen Theologen Prof. Dr. Thomas Nauerth seine kurze Replik zugänglich, die der Propaganda vernünftige hermeneutische Überlegungen entgegenstellt.  Nauerth fragt „Wird denn bald auch die Aussage, Gott ist Mensch geworden, unter Antisemitismusverdacht gestellt?“ In der evangelischen Theologie sind tatsächlich schon solche Stimmen zu hören, die die Rede von der Menschwerdung Gottes antijudaistisch finden und glauben, dem ‚Gott wurde Mensch.‘ ein ‚Gott wurde Jude.‘ entgegensetzen zu müssen. Eine tiefergehende Beschäftigung führt auf die Universalismus-Frage.

Papst Franziskus, der schon in seiner Autobiographie die sorgfältige Untersuchung der Genozid-Vorwürfe gegen Israel befürwortet hatte, scheint von den Anfeindungen unbeeindruckt. In einem Fernsehinterview sprach er jüngst von kriminellen Handlungen im Gazakrieg, die er so illustrierte: „Wenn du einer Mutter begegnest mit ihren zwei Kindern, die über die Straße geht, um von zu Hause etwas zu holen und dann in die Pfarrei zurückzukehren, wo sie lebt, und du sie dann mit Maschinengewehren erschießt, ohne Grund, dann ist das nicht Krieg nach den normalen Regeln eines Krieges. Es ist furchtbar!“ Die Rede ist von einen Vorfall Mitte Dezember 2023 auf dem Gelände der katholischen Pfarrei „Heilige Familie“ in Gaza. https://www.katholisch.de/artikel/58371-papst-spricht-von-kriminellen-handlungen-im-gaza-krieg

Der Papst aus dem „Globalen Süden“ bringt das Christkind und die Tausende ermordeter und verletzter Kinder Palästinas noch zusammen. Ein Trost für Christen aller Konfessionen.

Link: Krippe, Kufiya und der Papst von Thomas Nauerth, Universität Osnabrück (PDF)