Immer aufs Neue fragen die palästinensichen Christen uns: Wo bleibt Euer Aufschrei?
Schon 2020 hatten palästinensische Christen in einem „Schrei nach Hoffnung“ zu Entscheidung und Handeln aufgerufen, die der Erkenntnis folgen: „Wir können nicht Gott dienen und gleichzeitig zur Unterdrückung der Palästinenser schweigen!“ Dieser „Schrei“ blieb in unseren Kirchen weitgehend ungehört und unbeantwortet. Zum 7. Oktober 2024 haben die Verantwortlichen von Kairos Palästina erneut einen Hilferuf an die weltweite Zivilgesellschaft und die Kirchen gerichtet. Sie bringen zum Ausdruck, dass sie dankbar sind und gestärkt werden durch Zeichen der Solidarität, beklagen sich aber bitter darüber, wie leichthin der politische Westen über die Missachtung des Völkerrechtes und palästinensicher Menschenrechte durch den Staat Israel hinwegsieht. Der Mangel an Solidarität in weiten Teilen der Kirchen der Welt schmerzt besonders. Wir veröffentlichen den Hilferuf in der Hoffnung, dass er dazu beiträgt, dass unsre Kirchen ihr Bekenntnis zur Einheit der Kirche ernster nehmen. Was Palästinensern in Gaza widerfährt, wird in weiten Teilen der Welt als Völkermord wahrgenommen. Wir respektieren die Sprache der Opfer und ihrer nächsten Angehörigen.
5. Oktober 2024
Oktober 2024: Ein Jahr danach
Noch ein Schrei von palästinensischen Christen
….lernt Gutes tun!
Trachtet nach Recht,
helft den Unterdrückten,
schafft den Waisen Recht,
führt der Witwen Sache!.
Jesaja 1:17
Angesichts der anhaltenden Nakba – definiert durch weitere ethnische Säuberungen, illegale Besatzung, ein offen rassistisches Apartheidregime und einen beschleunigten Völkermord am palästinensischen Volk, der größtenteils von der US-Regierung finanziert und von westlichen Mächten ermöglicht wird – halten wir an diesem ersten Jahrestag des 7. Oktobers inne, um das Leid und den verheerenden Verlust von Menschenleben unserer Geschwister in Gaza und all derer, die Opfer von Krieg und Gewalt sind, anzuerkennen und zu betrauern. Und um ein Ende des anhaltenden Tötens und der exzessiven Zerstörung von Infrastruktur, Wohnraum und allen Aspekten des Lebens durch den Staat Israel zu fordern, das sich zunehmend auf das Westjordanland (einschließlich Ostjerusalem) und jetzt auch auf den Libanon ausdehnt und droht, einen Krieg in der gesamten Region auszulösen.
Während wir uns über die Solidaritätsbekundungen in Städten auf der ganzen Welt freuen und dadurch gestärkt werden – insbesondere über den Mut und das Zeugnis von Verbündeten auf den Universitätsgeländen – sind wir verärgert über die Gleichgültigkeit des Westens gegenüber dem Völkerrecht und den Menschenrechts-konventionen, es sei denn, die Anwendung dieser Gesetze und Konventionen entspricht den hegemonialen Zielen der Imperien. Wir sind ratlos über die Gleichgültigkeit der Zivilgesellschaft gegenüber unserer Notlage. Wir sind traurig über den Mangel an Solidarität in so vielen Bereichen der globalen Kirche angesichts eines Völkermords, der vom Internationalen Gerichtshof als plausibel erklärt wurde.
Kairos Palestine hat lange vor der drohenden Auslöschung der palästinensischen Christen in ihrer Heimat gewarnt – in Gaza und in ganz Palästina. Wir haben Alarm geschlagen, wir haben Erklärungen verfasst, wir sind um die Welt gereist, um unser Zeugnis zu teilen. Was müssen wir noch tun, um Ihre Aufmerksamkeit und Ihr Handeln zu erregen?!!
Noch immer, bedrängt, ratlos, verfolgt und niedergeschlagen, setzen wir weiterhin unser Vertrauen in Jesus von Nazareth, der unter einem Volk lebte, das unter einer brutalen imperialen Besatzung litt, der sich um die Ausgegrenzten und Unterdrückten kümmerte und der einen Geist radikaler Liebe und prophetischer Gerechtigkeit verkörperte. Von ihm gestärkt und von denen inspiriert, die an unserer Seite arbeiten, sehnen wir uns nach Frieden. Durch Gewaltlosigkeit streben wir weiterhin nach unserer Freiheit, unseren Menschenrechten und unserem Recht als Volk auf Selbstbestimmung – und bestehen darauf, diese zu erreichen. Wir brauchen Ihre Hilfe.
- Wir rufen die Kirchen auf, sich zu erheben und einen sofortigen und bedingungslosen Waffenstillstand zu fordern, um die humanitäre Katastrophe und den weiteren Verlust unschuldiger Menschenleben zu stoppen und die Bereitstellung lebensrettender Hilfe sowie die sichere Durchreise von humanitärem und medizinischem Personal zu ermöglichen.
- Wir rufen die Länder und politischen Führer weltweit auf, das Urteil des Internationalen Gerichtshofs durchzusetzen, um der israelischen Apartheid und der illegalen Besetzung palästinensischer Gebiete ein Ende zu setzen.
- Wir fordern den Internationalen Strafgerichtshof auf, diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die Kriegsverbrechen begangen haben und begehen.
- Wir fordern die globale Zivilgesellschaft auf, Druck auf Israel auszuüben, damit es das in den Genfer Konventionen festgelegte Völkerrecht einhält, insbesondere die Vierte Genfer Konvention, die sich auf den Schutz der Zivilbevölkerung während Konflikten und Besatzungen konzentriert, und die gewaltfreie Strategie des Boykotts, der Desinvestition und der Sanktionen gegen Israel zu übernehmen, bis es das Völkerrecht und die universellen Grundsätze der Menschenrechte einhält.
Gott, erwecke unter den Führern der Welt, in unseren Kirchen und in Israel Propheten und Menschen guten Willens – Menschen, die sehen und dann das Richtige und Gerechte für das palästinensische Volk tun, das sich seit vielen Jahrzehnten der Unterdrückung widersetzt. Gib unserem Land seine Heiligkeit zurück, mache es zu einem Land der Gerechtigkeit und des Friedens für alle seine Bewohner.
Kairos Palestine, die größte ökumenische, gewaltfreie Bewegung palästinensischer Christen, basiert auf dem Dokument Kairos Palestine: Die Stunde der der Wahrheit, das 2009 veröffentlicht wurde und in dem bekräftigt wird, dass die palästinensischen Christen ein fester Bestandteil der palästinensischen Nation sind, und in dem zu Frieden aufgerufen wird, um allen Leiden im Heiligen Land ein Ende zu setzen, indem man sich für Gerechtigkeit, Hoffnung und Liebe einsetzt, von der christlichen Gemeinschaft angenommen, von allen historisch anerkannten palästinensischen christlichen Organisationen unterzeichnet und von den Kirchenoberhäuptern in Jerusalem gebilligt.
Email: kairos@kairospalestine.ps Website: www.kairospalestine.ps
