„Verantwortungsvoll und behutsam“ sei man bei der Überarbeitung vorgegangen, heißt es im Vorwort der neuen Gottesdienstordnung, „intensive Gespräche mit dem palästinensischen Komitee haben dazu stattgefunden. Das Ergebnis halten Sie mit der aktuellen Printversion in den Händen.“ Gottseidank, denkt die Leserin, man hat sich geeinigt. Eine Täuschung, wie das folgende Dokument erweist.
Brief des Weltgebetstagskomitees in Palästina vom 17. Jan. 2024 an das deutsche WGT-Komitee
Liebe Schwestern im Deutschen Weltgebetstagskomitee,
zunächst möchten wir uns bei allen bedanken, die sich darum bemühen, unsere Stimmen hörbar
zu machen. Wir verstehen, dass es in Deutschland Probleme mit der Einordnung unsere
palästinensischen Liturgie gibt, und danken euch als Deutschem WGT-Komitee für den Versuch,
durch die aktualisierte Gottesdienstordnung unsere schwierige Situation und Friedenssehnsucht in
Deutschland besser verständlich zu machen.
Wir schreiben euch in einer für uns sehr schwierigen und herausfordernden Zeit. Unsere
Lebensumstände sind seit Langem von der israelischen Besatzung geprägt, wobei die
eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten, die anhaltenden Landenteignungen und der
Siedlungsbau zusätzliche andauernde Belastungen darstellen. Wir weisen darauf hin, dass die
aktuelle Lage nicht am 7. Oktober begonnen hat, sondern dass wir schon seit langer Zeit mit den
Herausforderungen dieser schwierigen Realität konfrontiert sind.
Aufgrund der vielen Blockaden ist es uns nicht möglich, einfach in die West Bank ein- und
auszureisen. Als Reaktion auf diese erschwerten Bedingungen haben wir uns entschlossen, drei
Gottesdienste an drei aufeinander folgenden Tagen in Bethlehem, Ramallah und Jerusalem zu
feiern. Diese Entscheidung ist eine Notwendigkeit, da die Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt
ist und es uns somit erschwert wird, an einem zentralen Ort zusammenzukommen.
Des Weiteren möchten wir darauf aufmerksam machen, dass im Zuge der Aktualisierung unserer
Liturgie bestimmte Informationen fehlen. Die aktuelle Lage erfordert ein tiefgehendes Verständnis
für die Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen, und wir hofften, dass dies in der
Überarbeitung berücksichtigt würde.
Ein weiterer Punkt, der uns verwundert und besorgt, ist die Tatsache, dass die Unterstützung
Palästinensische Projekte wie “Wings of Hope” und die Arbeit mit Menschen, die von PTBS
betroffen sind, zugunsten einer ausschließlich israelischen Organisation aufgegeben wird. Wir
verstehen nicht, warum nicht alle unterstützt werden können, um eine umfassende Perspektive auf
die Lage zu gewährleisten. Die Einbindung verschiedener Stimmen und Projekte ist entscheidend
für ein ausgewogenes Bild der Situation.
In dieser für uns so schweren Situation haben wir leider feststellen müssen, dass die nun
vorgenommenen Änderungen in der WGT-Liturgie nicht im Einklang mit unserer Besprechung
und E-Mail Kommunikation stehen. Wir respektieren eure Geschichte in Bezug auf dieses Land
bei der Gestaltung, erwarten jedoch auch Respekt für unsere Standpunkte und Perspektive vom
Leben als Frauen in unserem Land. Obwohl wir uns bemüht haben, transparente Kommunikation
aufrechtzuerhalten, ist eine bearbeitete Liturgie-Version entstanden, die nicht im Einklang mit
unseren ursprünglichen Absprachen steht. Trotz unserer klaren Ablehnung wird in der
Gottesdienstordnung suggeriert, dass die Änderungen von uns stammen, bzw. im Einvernehmen
mit uns vorgenommen wurden.
Zum Teil sinnentstellende Umstellungen, Einfügungen, Streichungen und Ergänzungen sind nicht
kenntlich gemacht bzw. hervorgehoben worden. Es ist unser Anliegen, darauf hinzuweisen, dass
diese Bearbeitungen nicht von uns autorisiert, gebilligt oder freigegeben wurden.
Der Weltgebetstag ist eine heilige Gelegenheit, die kulturelle und religiöse Grenzen überwindet und
Einheit, Verständnis und Solidarität zwischen verschiedenen Gemeinschaften fördert.
Die Essenz des Weltgebetstags liegt in der Feier der Vielfalt. Sie fördert eine inklusive Umgebung,
die die einzigartigen Traditionen jeder teilnehmenden Nation respektiert und umarmt. Eure
Entscheidung, unsere Liturgie einseitig zu ändern, untergräbt die grundlegenden Prinzipien, die
Sinn und Zweck dieses globalen Ereignisses sind. Es geht darum, die jeweilige Situation im
jeweiligen Land ungeschminkt und weltweit Gott darzubringen.
In dieser schwierigen Zeit appellieren wir erneut an die Wichtigkeit einer respektvollen
Zusammenarbeit und bitten darum, unsere Perspektive und unsere Herausforderungen angemessen
und ungeschmälert zu berücksichtigen. Das haben ja Österreich und die Schweiz gemacht, indem
sie unsere originale Liturgie verwenden. Dafür sind wir sehr dankbar, unsere gemeinsame
Zielsetzung sollte darin bestehen, eine Liturgie zu haben, die die reiche Vielfalt und die
authentischen Stimmen unserer palästinensischen Gemeinschaft widerspiegelt.
Vielen Dank für euer Gebet für die Menschen im Heiligen Land,
Weltgebetstags Komitee, Palästina