Aus dem nachfolgenden offenen Brief des Forums Friedensethik an das deutsche Weltgebetstagskomitee können Sie entnehmen, wie wir versucht haben, uns mit dem deutschen Komitee für den WGT zu verständigen. Das ist nur sehr eingeschränkt gelungen.
Vor allem bei den Vorbereitungen und den Feiern das originale Titelbild zu verwenden halten wir für wichtig. Auch auf mehrfache Nachfrage erfuhren wir nicht, was die Künstlerin geschrieben hat, das ihr vorzuwerfen wäre. Es gibt auch keinen Beleg einer problematischen Äußerung von ihr. In allen Ländern – außer in Deutschland und Österreich – wird das Bild gezeigt.
Das Internationale Weltgebetstagskomitee hat uns wegen des Copyrights auf den Texten und dem Bild die Erlaubnis gegeben, sie im Original zu verwenden und weiter zu geben. So haben wir uns entschlossen, beides hier auf der Website zum Download anzubieten. Wenn Sie es nicht selbst ausdrucken möchten, haben Sie auch die Möglichkeit, die Materialien in der Schweiz zu bestellen. Bei Geldüberweisungen aus Deutschland fallen nur leider ziemlich hohe Bankgebühren an, also am besten für sehr viele Gemeinden/ Gruppen gemeinsam bestellen.
Erst entdeckt haben wir, dass auf der Rückseite der neu aufgelegten Ordnung in Deutschland nun ein israelisches Frauenprojekt als Beispielprojekt abgedruckt ist. Das ist zwar auch eine sehr gute Sache. Und die Kollekte wird für alle Projekte gemeinsam erhoben. Wir empfehlen aber, für die Weltgebetstagsgottesdienste bei der Vorstellung des Projekts ‚Wings of hope‘ zu bleiben, das auf der Rückseite der Erstauflage stand. Es wird von Palästinenserinnen durchgeführt (hier ebenfalls bei den Materialien). Das vorzustellen gehört für uns zu dem, was die Palästinenser:Innen so sehr brauchen: sie sichtbar zu machen.
Brief des Forums Friedensethik an das deutsche Weltgebetstagskomitee
An
das Deutsche Komitee und den Vorstand vom Weltgebetstag der Frauen
Deutenbacher Str.1
90547 Stein
Freiburg, den 11. Januar 2024
Liebe Frauen des WGT- Komitees und im Vorstand,
als Forum Friedensethik in der badischen Landeskirche und als Aktive in unseren Gemeinden hatten wir im November und Dezember mit großer Betroffenheit Ihre Stellungnahme zum WGT 24 aus Palästina gelesen und zur Kenntnis genommen, dass Sie in Erwägung zogen, die Weltgebetstagsordnung der palästinensischen Schwestern abzuändern und so im Januar eine veränderte Fassung zu verbreiten. Einzelne von uns haben Ihnen geschrieben, dass das der Idee des Weltgebetstags widerspricht, die lautet, dass wir uns die Gebete der Schwestern aus dem jeweiligen Land zu eigen machen und mit ihnen beten. Auf eine Nachfrage antworteten Sie, Sie hätten inzwischen „eine Kontextualisierung im Einklang mit den internationalen Leitlinien vorgenommen“. Ob diese den Original-Text des Gottesdienstes betrifft, war daraus nicht zu erkennen.
Auch ließen Sie wissen: „Der Vorstand des deutschen Komitees hat Anfang Dezember über Zoom ein langes Gespräch mit Vertreterinnen des palästinensischen und des Internationalen Komitees geführt und Absprachen miteinander getroffen.“ Welche das sind, also ob die Frauen des palästinensischen WGT-Komitees mit Ihren Änderungen einverstanden sind, ist daraus ebenfalls nicht zu entnehmen.
Wir können Ihnen nicht folgen: Eine Kontextualisierung, die auch die Anliegen der Mitfeiernden in den Kirchen und örtlichen Gemeinden in Deutschland mit aufnimmt – „damit die Stimmen (derer, die die Ordnung geschrieben haben) von möglichst vielen Menschen in den Gottesdiensten am 1. (Freitag) im März gehört und im Gebet mitgetragen werden“ –, wurde von den WGT-Vorbereitenden auch in den zurückliegenden Jahren in aller Selbstverständlichkeit gemacht.
Immer wurde die aktuelle politische Situation in der Begrüßung in den Gottesdiensten – in Ihren Worten: „eine Einordnung und Einbettung in den aktuellen Kontext“ – zum Ausdruck gebracht und natürlich auch in den vielen Workshops zur Vorbereitung, da sich ja sehr oft die politische Lage des jeweiligen Landes verändert hatte (so z. B. in der Tschechoslowakei, Haiti, in deutschsprachigen Ländern). Außerdem waren in den letzten Jahren immer auch Räume für zusätzliche Fürbitten vorgesehen.
Jetzt liegen uns Ihre Änderungen vor. Sie hätten sie ohne großen Aufwand als Vorschläge den Vorbereitenden in den Werkstätten, Bezirken und Gemeinden zur Verfügung stellen können. Fast die ganze kostenintensive Auflage einzustampfen und neu zu drucken stellt in unseren Augen eine Geldverschwendung dar.
Wir sehen nun den Eingriff in die Liturgie – vor allem durch die Einleitungstexte zum Psalm 85 und zur Geschichte von Lina, sowie die weitere Fürbitte. Das kommt für uns einer Zensur gleich.
In ihrem Vorwort schreiben Sie nicht, dass das palästinensische Weltgebetstagskomitee die Texte formuliert hätte oder mit ihnen einverstanden wäre. Sie haben lediglich intensiv mit ihnen gesprochen. Mit diesen Eingriffen überdehnen Sie u.E. die Spielräume der Richtlinien des WGT.
Aber zuerst und schon dadurch, dass Sie die Änderung beschlossen, bevor Sie dann ein Gespräch mit den Frauen des palästinensischen WGT-Komitees führten, wurde den Frauen in Palästina ihre volle Würde als unsere ökumenischen Schwestern abgesprochen. Es verrät die Grundsätze und die Idee des internationalen Weltgebetstags – der Begegnung von Mensch zu Mensch und des Betens auf Augenhöhe. Die großartige Idee des Weltgebetstags und die einmalige weltweite Ökumene nun schon seit mehr als 100 Jahren als eine weltweite Friedensbewegung im Gebet ist uns dagegen sehr wichtig.
In o.g. Mailwechsel sind Sie ebenfalls gebeten worden, uns Ihre Quelle zu nennen, die die Grundlage Ihrer auf Vermutungen beruhenden Vorwürfe an die Künstlerin des Titelbildes ist, weshalb Sie auch dieses aus dem Verkehr gezogen haben. Es zu ersetzen durch das Bild eines Olivenzweiges, macht die Menschen, mit denen wir beten und die symbolisch auf dem Originalbild sichtbar gemacht werden, unsichtbar. Für die Palästinenserinnen ist genau dies eine mindestens 75 Jahre alte schlimme Erfahrung: nicht gesehen zu werden.
Sie antworteten: „Die Künstlerin des Titelbildes war auf Instagram unterwegs, sie hat Stories veröffentlicht, die allerdings nach 24 Stunden verschwinden. Es ist uns nicht gelungen, die Inhalte dieser Stories zu entkräften.“ Daraus ist weiterhin nicht zu entnehmen, was der Künstlerin genau vorzuwerfen ist und ob Sie diese „Stories“ überhaupt selbst gelesen haben. Wir finden es untragbar, die Arbeit eines Menschen aufgrund nicht nachweisbarer – vielleicht auf subjektiver Sicht beruhender Anschuldigungen abzuwerten.
Haben Sie denn jemals erwogen und überprüft, dass/ob die Weltgebetstagsordnung und insbesondere die Künstlerin möglicherweise Opfer anti-palästinensischer, rassistischer Propaganda sein könnte, die insbesondere den gegenwärtigen rechtsextremen israelischen Regierungskreisen in die Hände spielt? Die Anschuldigungen, die Sie unbesehen unterstützen und mit Ihren Entscheidungen kolportieren, bringen die Künstlerin in Lebensgefahr! Wie kann das WGT-Komitee dies sehenden Auges verantworten?
Wir laden die WGT-Frauen in unseren Kirchen und Gemeinden deshalb ein und ermutigen Sie ausdrücklich, von Ihren unrechtmäßigen Veränderungen und der verfälschten Neuauflage Abstand zu nehmen und den Weltgebetstag mit der originalen, unveränderten Gottesdienstordnung aus Palästina und Originalbild zu feiern, wie sie uns aus der Schweiz zur Verfügung stehen.
Mit freundlichen Grüßen
für den Leitungskreis des FFE und den Arbeitskreis Kairos Palästina im FFE
Eva-Maria Steiger, Hend Amman, Wiebke Dornauer, Christiane Drape-Müller